Das richtige Aufnahmegerät

Demos aufnehmen im Proberaum und zu Hause

Anzeige

Field Recorder auf weißem Hintergrund

Es gibt zwei Sorten von Demos: Die, auf denen man der Welt zeigen will, wie gut man ist, und die, auf denen man Ideen festhält oder Jams und Proben mitschneidet. Und mit genau diesen Demos für den „hauseigenen“ Gebrauch wollen wir uns diesmal befassen.

Anzeige

Das richtige Aufnahmegerät

>> Studiotipps – Kniffe, die die Welt verbessern – Das Mixing Tutorial <<

Ältere Herrschaften behaupten ja gerne, dass früher alles besser war: Die Politiker waren weniger korrupt, und die Bands konnten damals auch noch „richtig“ spielen. Alles Quark! Mit den Gitarrensolos, die in meiner zarten Jugend meine Kumpels verzückten, könnte ich heute keinen Blumentopf mehr gewinnen. Seitdem ist viel passiert, beispielsweise sind die Dinosaurier ausgestorben, aber auch sonst: Das spielerische Niveau ist heute deutlich höher, und ihr müsst schon richtig ackern, um auch nur für ein Stadtfest engagiert zu werden.

Der erste Schritt, sich zu verbessern, ist, sich selber bzw. die Band spielen zu hören. Große Hilfe leisten da kleine Aufnahmegeräte. Und zwar möglichst solche, die einfach zu bedienen sind und nicht von dem ablenken, was eigentlich wichtig ist, nämlich dem Spaß am Musikmachen.

Netterweise gibt’s da inzwischen echt coole Teile und noch dazu bezahlbare. So ab 200 Euro kosten kleine Aufnahmegeräte, die man im Fachjargon auch Field-, Mobile-, oder Handy-Recorder nennt. Nein, telefonieren kann man damit nicht („handy“ heißt einfach nur handlich), aber das ist auch so ziemlich das Einzige, was die Teile nicht können. Viele haben bereits Mikrofone eingebaut, sodass ihr gleich loslegen könnt.

Tascam DR-1: optische Anleihen beim Herrenrasierer, klingt aber deutlich angenehmer.

Der Edirol R9 ist in verschiedenen Farben lieferbar, u.a. auch in iPod-Weiß.

Zu den erschwinglichen Recordern gehören u. a. der Tascam DR-1 und der Zoom H4 für jeweils knapp 300 Euro sowie der Edirol R9 für rund 400 Euro. Wenn ihr schon ein gutes Stereomikro besitzt oder gar ein amtliches Stereomikrofonset euer Eigen nennt, dann wäre der Microtrack II von M-Audio eine interessante Alternative, denn der hat Phantomspeisung, die man braucht, um Kondensatormikros betreiben zu können. Ein prima Stereoset zum kleinen Preis (99 Euro) ist übrigens das t.bone SC140-Set vom Musikhaus Thomann.

Der Zoom H2: Alles drin alles dran, trotzdem kaum größer als eine Packung Schoko-Zigaretten.

Mein heißester Tipp für euch ist aber der Zoom H2 Handy Recorder. Das Teil kostet gerade mal 200 Euro und ist echt der Hammer. Der H2 hat gleich zwei Stereomikrofonpaare eingebaut und kann somit sogar in Surround aufnehmen, wenn man das möchte. Vor allem sind die Mikros gar nicht mal übel. Wenn man korrekt aussteuert, ist der Klang äußerst anständig, und auch das Rauschen hält sich sehr in Grenzen. Praktischerweise hat das Teil unten ein Stativgewinde, allerdings nicht für Mikrofonständer, sondern für Foto/Video-Stative. Kann man sich entweder von Papa leihen (und nie wieder zurückgeben …) oder so ab 20 Euro im Geiz- oder Blödmarkt kaufen. Prinzipiell kann man den Recorder auch irgendwo in die Ecke pfeffern, ein einfacher Tischfuß liegt bei. Aber die Variante mit dem Fotostativ hat schon gewisse Vorteile, denn gerade in der Nähe von Wänden und ganz besonders in den Ecken ist der Sound meistens nicht so optimal.

Der Zoom H2 kann im Surround-Modus nach vorn und nach hinten gleichzeitig aufnehmen, sodass alle Instrumente gleichmäßig erfasst werden.

Stellt das Teil so auf, dass die komplette Band erfasst wird. Am besten so, dass das Schlagzeug in der Stereomitte liegt, denn sonst ist wahrscheinlich ein Kanal krass lauter als der andere. Vielleicht jammt ihr einfach ein bisschen, und lasst den Sänger bzw. die Sängerin eine Stelle suchen, wo der Sound ausgewogen ist und man alle Instrumente und natürlich den Gesang gut hört. Da pflanzt ihr dann den Recorder hin. Am besten markiert ihr die Stelle auf dem Boden, damit ihr beim nächsten Mal gleich loslegen könnt.

Überhaupt ist es wichtig, dass der Recorder nicht eure ganze Energie auffrisst. Also treibt nicht zu viel Aufwand; wenn’s beim ersten Versuch schlimm klingt, stellt ihr den Recorder bei der nächsten Probe eben anders auf. Ihr hört ja, welche Instrumente zu laut oder zu leise waren. Nach ein paar Versuchen habt ihr bestimmt eine gute Balance gefunden.

Was hinten raus kommt

Mit diesen kleinen Stereo-Recordern kann man entweder in unkomprimiertem Wave-Format oder im MP3-Format in verschiedenen Kompressionsstufen aufzeichnen. Das Wave-Format bietet sich an, wenn ihr konzentriert versucht, ein Songdemo einzuspielen; das platzsparende MP3-Format ist klasse, um den Recorder permanent mitlaufen zu lassen. Praktisch alle diese kleinen Stereo-Rekorder nehmen auf Speicherkarten auf, meistens die handelsüblichen SD-Karten, die auch in den meisten Digicams zum Einsatz kommen. Auf eine 4-GB-Karte, was bei den meisten Geräten das Maximum darstellt, passen rund 380 Minuten (also über 6 Stunden) Audio im CD-Format (44 kHz/16 Bit) oder 34 Stunden im MP3-Format (bei 256 kbps).

Ich würde euch raten, bei MP3 eine hohe Bitrate zu wählen, z.B. 256 kbps. Dann ist nämlich die Aufnahmequalität noch gut genug, um die Aufnahmen bei Bedarf ein bisschen digital aufzumotzen. Es passiert ja nicht selten, dass man beim Jammen auf einen tollen Groove stößt, oder einen Song ganz besonders toll hinbekommt. Wenn man solche Kostbarkeiten für die Nachwelt aufbereiten will, ist man froh, wenn man nicht völlig unnötig mit der Aufnahmequalität geknausert hat. Denn selbst mit bei hoher Bitrate passen ja immer noch endlose Stunden auf so eine kleine Karte. Wenn einer von euch einen Laptop mitbringt, könnt ihr nach der Probe gleich an Ort und Stelle die Files auf eure MP3-Player ziehen.

Ne gute Idee ist es übrigens, einen Ehrenkodex auszumachen, dass sämtliche Aufnahmen „in der Familie“ bleiben. Es ist nämlich wichtig, dass keiner von euch das Gefühl hat, sich bei den Proben zu blamieren, wenn mal ein Ton daneben geht, oder wenn einer mal einen blöden Spruch ablässt. Schaut zu, dass es immer um die Musik geht und dass Nebensachen auch Nebensachen bleiben! Es gibt Millionen Bands, die es vielleicht weit gebracht hätten, wenn sie sich nicht wegen Missverständnissen und Hormonschwankungen in die Haare gekriegt hätten.

Songdemos

Superpraktisch sind diese kleinen Aufnahmegeräte natürlich auch, um für die anderen Bandmitgliedern Songdemos aufzunehmen oder um zu Hause Ideen zu sammeln. Wer Gitarre oder Keyboard spielen und/oder auch noch ein bisschen singen kann, hat mit dem kleinen Stereo-Recorder ein prima Tool fürs Komponieren. Natürlich kann man auch mit Computer und Software arbeiten, aber wenn man mit der Bedienung nicht so vertraut ist, dauert es recht lange, bis das Setup aufnahmebereit ist. Da hat man womöglich die Idee schon wieder vergessen, und die Magie des Moments ist dahin.

Vorteile hat der Computer, wenn man ausgefeiltere Arrangements festhalten will, für die man mehrere Spuren hintereinander aufnehmen möchte. Aber auch hier gibt es coole Hardware-Alternativen. Ein tolles Gerät ist der Boss Micro BR (ca. € 200,–). Der kann vier Spuren nacheinander aufzeichnen. Ein brauchbares Monomikrofon steckt schon drin, es ist außerdem eine einfache Drum-Machine eingebaut mit einer ganzen Reihe vorgefertigter Rhythmen für verschiedene Styles (darunter auch ein paar HipHop-taugliche, Respect!). Auch ein digitales Effektgerät ist an Bord, das nicht nur Standards wie Echo und Hall beherrscht, sondern sogar Gitarrenverstärker-Simulationen. Ihr könnt also die Axt direkt einstöpseln und (mehrspurig) abrocken.

Pimp My Demo

Was tun, wenn ihr zu Hause oder im Proberaum ein paar richtig krasse Performances eingefangen habt, die aber rein vom Sound her zu schlapp klingen, um den Rest der Welt von euch zu überzeugen? Keine Angst, da geht was!

Einen Computer wird sicher wenigstens eine(r) von euch besitzen. Recording-Software gibt’s auch wie Sand am Meer. Für unsere Zwecke brauchen wir nix Extravagantes. Viele Soundkarten werden mit Steinberg Wavelab Lite ausgeliefert. Mehrspur-Software wie Cubase LE oder Samplitude SE ist ebenfalls geeignet.

Zunächst zieht ihr eure Aufnahme auf die Festplatte. Die meisten Computer haben ja inzwischen einen Card-Reader, wenn nicht, könnt ihr den Recorder auch per USB anschließen. Mit Audio-Editoren wie Wavelab (Lite) könnt ihr danach die Datei auf der Festplatte direkt einlesen, bei Mehrspur-Software wie Cubase LE müsst ihr erst ein Projekt anlegen und dann die Audiodatei importieren. Wenn die Datei im MP3-Format vorliegt, wird das Programm wahrscheinlich erst mal ins unkomprimierte Wave-Format konvertieren.

Zuerst schnippeln wir das File zurecht. In Wavelab könnt ihr unerwünschte Teile vor und hinter dem Song markieren und entfernen, in Cubase LE müsst ihr Start- und Endpunkte setzen (STRG+Linksklick bzw. ALT+Linksklick ins Lineal oben). Nun kommt die eigentliche Bearbeitung.

Fast immer hat man in Proberäumen unerwünschte Resonanzen. Die könnt ihr mit einem Equalizer (EQ) reduzieren. Die meisten Audioprogramme haben bereits einfache EQs an Bord, einen wirklich sehr guten Freeware-EQ gibt’s auf www.aixcoustic.com. Dort wird auch eine Bezahlversion angeboten, für unsere Zwecke reicht aber die Freeware-Variante dicke. Obacht: Neu installierte Plugins werden erst nach einem Neustart des Audioprogramms erkannt!

Mit dem EQ werden störende Resonanzen beseitigt, Tieffrequenzmüll entsorgt und die Höhen ein bisschen angehben.

Den EQ ladet ihr nun in den ersten Effekt-Slot der Master-Sektion. Nach einem Klick ins Plugin-Fenster erscheint eine Linie mit mehreren Punkten. Schnappt den zweiten Punkt von links, und bewegt ihn: Schon seht ihr die Filterkurve. Zieht den Filterpunkt nach oben für eine kräftige Anhebung, und bewegt ihn dann langsam nach rechts und links. Achtet darauf, wie sich der Klang verändert (am besten benutzt ihr einen guten Hi-Fi-Kopfhörer).

Dort, wo es so richtig wummert, habt ihr eine unerwünschte Resonanz ausfindig gemacht, oft sind das Frequenzen irgendwo zwischen 100 und 250 Hz. Zieht nun an genau dieser Stelle den Punkt nach unten, und zwar so weit, bis der Klang natürlich klingt. Möglicherweise gibt es mehrere solcher Resonanzen, die ihr mit den übrigen Filterpunkten auf gleiche Weise ausfindig machen und absenken könnt.

Den untersten Punkt solltet ihr benutzen, um die extremen Tiefbässe abzuschneiden. Klickt mit der rechten Maustaste auf den ersten Punkt ganz links. Aus dem nun erscheinenden Menü wählt ihr „Specials -> Butterworth -> HP 48 dB/oct“. Damit bekommt ihr einen sehr steilen Low-Cut, den ihr auf 30 bis 40 Hz einstellen könnt. Keine Angst, die musikalisch verwertbaren Bässe werden davon kaum beeinträchtigt, ihr werdet aber unerwünschten Frequenzmüll los, der eventuell sogar Lautsprecher beschädigen kann. Natürlich könnt ihr mit Fden übrigen EQ-Punkten den Sound nach Geschmack noch ein bisschen fine-tunen, beispielsweise die Höhen leicht anheben.

Lauter

Mit einiger Sicherheit ist eure Aufnahme deutlich leiser als die Tracks eurer Lieblingskünstler. Auch hier gibt’s ein prima Freeware-Plugin, das euch weiterhilft, nämlich der W1-Limiter von George Yohng, den ihr unter www.yohng.com/w1limit.html runterladen könnt. Das Plugin hat kein hübsches GUI, ist aber gerade deshalb sehr leicht einzustellen. Ladet den W1-Limiter in den letzten Effekt-Slot der Mastersektion.

Eigentlich müsst ihr nur den Threshold-Regler nach links bewegen: Automatisch wird euer Track lauter, ohne zu übersteuern. Aber übertreibt’s nicht, ab einem gewissen Punkt wird der Sound matschig. Es ist völlig normal, dass eure Aufnahme aus dem Proberaum auch nach dem „Pimpen“ deutlich leiser bleibt als professionelle Studiotracks – schließlich werden dort Tausende von Euros oder Dollars ausgegeben, nur um lauter zu sein als die Konkurrenz. Das habt ihr gar nicht nötig.

Konzentriert euch lieber auf die Probenarbeit, denn eins wird euch jeder bestätigen: Gute Songs, Kreativität und Spielfreude schlagen auch die teuerste Studiotechnik!

Kommentare zu diesem Artikel

  1. Sehr gut geschildert !! Wie kann man beim H2N die 4 Tracks auf Surround 5.1 umcodieren ?? Da soll von Google eine App geben.
    Bitte hoeflich um Info

    Auf diesen Kommentar antworten

Pingbacks

  1. Turbo Tips Üben #6: sich selbst aufnehmen — JP Popgesang WiesbadenJP Popgesang Wiesbaden

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert.