Lauschangriff - Tiefenstaffelung des Basssignals im Mix

Bass-Mikrofonierung in drei Abständen

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In den meisten Fällen werden E-Gitarre und Bass über Close Micing abgenomme. Bass sogar oft nur noch über DI. Heißt also: Das Mikrofon wird mit einem möglichst geringen Abstand direkt vor die Membran gepackt, damit das Mikrofon keine Relexionen des Raums mit aufzeichnet, sondern nur den Klang, den die Membran wiedergibt.

BassTiefenAufmacher

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Dann werden vielleicht noch ein paar zusätzliche Raummikrofone aufgestellt, die als Stützsignale im Mix dazu geschoben werden. Durch das Close Micing und das dadurch entstehende Direktsignal des Mikrofons ist es so, als würden wir beim Musikhören unser Ohr direkt an die Membran der Gitarrenbox halten. Also eigentlich sehr unrealistisch. Hört man Aufnahmen von früher, wie beispielsweise der Beatles, so stellt man fest, dass alles sehr räumlich klingt. Das liegt hauptsächlich daran, dass zu dieser Zeit die Raummikrofone die Hauptsignale lieferten und die Close Mics als Stützmikros fungierten – wenn genügend Kanäle zur Verfügung standen. Eben umgekehrt als heute.

Durch das Ausprobieren von verschiedenen Entfernungen zwischen Mikrofon und Membran kann man bei der Aufnahme viele coole Sounds erzeugen und die Tiefenstaffelung schon beim Recording direkt aufnehmen. In diesem Blog zeigen wir euch anhand von Basssignalen, die wir in drei verschiedenen Mikrofonabständen über ein MD421 von Sennheiser aufgenommen haben, wie der Abstand des Mikrofons zur Box den Sound verändert und wie sich dieser auf die Tiefenstaffelung im Mix auswirkt.

Wie immer haben wir auch in diesem Lauschangriff die Signale gereampt. Diesmal über einen Bass-Amp mit einer 12″ Box. Ein ungewöhnliches Format aber unser Testgerät von Ampeg hat trotzdem ordentlich Druck und vor allem Low End. Das Mikrofon haben wir bei der Aufnahme auf den Übergang zwischen Kalotte und Membran gerichtet und im Abstand von 5, 25 und 45 cm aufgenommen.

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Hier hörst du das Solo-Signal in einem 5 cm Abstand: 

Das Ergebnis ist sehr trocken, bassig und klebt im Gehörgang. Klar, das wollen wir ja auch bei einem Bass, aber die Höhen kommen überhaupt nicht durch, da sich der Hochtöner der Box rechs oberhalb der Bassbox befindet. Die schwachen Höhen haben bei dieser Mikrofonposition keine Chance bis zur Membran des MD421 durchzukommen. Der klang ist eher etwas dumpf. Natürlich kann man im Mixing noch einiges mit EQ und Co. rausholen, aber wir wollen ja möglichst den gewollten End-Sound aufnehmen.

Hier hört ihr das Signal im Rough-Mix:

Das Basssignal sitzt direkt im Ohr und drückt ordentlich, was den Drive des Songs nochmal unterstützt. Vielleicht wummert er auch einen kleinen Tick, irgendwo bei ca. 130 Hz. Auch Höhen fehlen und man hört, dass vor der Membran wenig Luft bewegt wird. Mein Vorteil ist natürlich an dieser Stelle: Ich hab die anderen Klangbeispiele bereits gehört. Dadurch bin ich natürlich auch etwas voreingenommen.

Hier hört ihr das Basssignal bei einem Mikrofonabstand von 25 cm:

Mit einem Mikrofonabstand von 25 cm hört sich der Bass schon anders an. Durch die Höhen die jetzt durchkommen ist der Bass auch wesentlich klarer und runder. Der Bassbereich drückt weniger und das Wummern ist verschwunden. Hört sich schon rund an. Der Klang ist auch räumlicher geworden und irgendwie angenehmer. Der Bass sitzt nicht mehr so tief im Ohr sondern ist sehr dezent geworden. Ich kann es jetzt ja schonmal verraten: Diese Position ist zumindest bis hier hin mein Favorit. Aber warten wir auf das Ergebnis im Arrangement.

Und hier das Signal im Mix: 

Der Bass fügt sich vor allem durch seine Räumlichkeit gut in den Mix ein. Die Höhen sind präsenter und der Bass drückt weniger von untern. Das macht das Hören angenehmer.

Hier hört ihr das Signal bei einem Mikrofonabstand von 45 cm:

In diesem Beispiel hört man deutlich, dass nach einer Gewissen Distanz zwischen Mikrofon und Membran der Bassanteil dünner wird. Das Signal klingt schon fast lasch. Dafür sind die Höhen umso stärker geworden, genauso wie die Räumlichkeit.

Und hier ist das Signal im Mix: 

Der Bass ist da, aber irgendwas fehlt. Es fehlt einfach an Druck, Power, nennen wir es Saft! Das ist dann doch etwas zuviel der Höhen. Die werden vor allem durch die Reflexionen im Raum verstärkt. Hier würden Absorber um das Mikrofon auf jeden Fall helfen.

Fazit

Ich hoffe ich konnte euch in diesem Beitrag vermitteln, dass es wichtig, sich vor einer Aufnahme Gedanken um den späteren Mix zu machen. Wenn ihr einen trockenen Sound im Mix wollt, dann positioniert euer Mikrofon auch so, dass es trocken klingt. Also sehr nah an der Membran, sodass ihr wenig bis gar keine Reflexionen mit einfängt. Falls ihr einen Song, wie unser Beispiel, im 80´s Style produzieren wollt oder etwas á la James Bay, dann solltet ihr mit der Mikrofonposition herumexperimentieren. Natürlich kann man auch hier wieder mit Plugins die den Haas-Effekt simulieren hantieren, aber wie ihr vielleicht schon gemerkt habt, bin ich ein Freund der alten Recording-Schule.

Außerdem zeigt dieser Beitrag die Klangveränderungen durch verschiedene Mikrofonabstände. Grundlegend ist zu sagen, dass der Bassanteil bei geringer werdendem Mikrofonabstand zur Membran größer, und bei steigendem Abstand geringer wird. Bei den Höhen ist es deshalb umgekehrt: Geringer Abstand, wenig Höhen und großer Abstand, mehr Höhenanteil.

Kommentare zu diesem Artikel

  1. Immer wieder ein interessantes Thema, vielen Dank. Bei den Hörbeispielen hätte ich mir einen Song gewünscht, bei dem der Bass im A-Teil nicht von den Gitarren gedoppelt wird. Das verfälscht den Höreindruck etwas.

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