Hands On The Mic im Musikpark Mannheim

Brass Recording Workshop

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tompete
(Bild: DIRK HEILMANN)

Am 13. April fand der erste SOUND&RECORDING-Workshop zum Thema Brass-Recording im Mannheimer Musikpark statt. Einen Tag später sitze ich in der Redaktion neben Marc, dem Hauptverantwortlichen dieses Events, und sammle meine Gedanken zum gestrigen Tag. Wir sind beide noch so geflasht von all den Eindrücken, dass ich gar nicht wirklich weiß, womit ich beginnen soll.

Zunächst einmal ein ganz großes Lob an alle Beteiligten! Besonders an die Teilnehmer mit ihrem Interesse und Engagement, und vor allem natürlich an das Bläser-Trio mit Alex Müller, Christoph Moschberger und Johannes Goltz, die nicht nur mit ihren Instrumenten ihre handwerkliche Pflicht erfüllten, sondern außerdem aus ihrem riesigen Topf an Erfahrungen aus dem Vollen schöpften. Sie erzählten nicht nur von den Eigenheiten ihrer Instrumente wie Dynamikumfang, wo genau der Ton rauskommt und Klangcharakteristika, sondern eben auch von ihren Studio- und Live-Erfahrungen als Musiker, die sie besonders auch mit der »Sing meinen Song«-Produktion erleben.

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Marc Bohn, Stefan Lembke und ich kamen bereits am Dienstagabend in Mannheim an, inspizierten unsere Räumlichkeiten und bereiteten alle technischen Gegebenheiten für den Workshop vor. Überpünktlich erreichten die ersten Teilnehmer am nächsten Tag den Musikpark, sodass wir entspannt planmäßig um 10 Uhr beginnen konnten bei Musikern ja nicht unbedingt eine Selbstverständlichkeit. Nach kurzer Begrüßung durch Marc gab Stephan einen knackigen und dennoch umfassenden Einblick in die verschiedenen Charakteristika, Eigenschaften und Positionierungen der verschiedenen Mikrofontypen. Anschließend trugen die Musiker mit ihrem theoretischen Teil zum Verständnis von Bläseraufnahmen bei.

Schnell formierte sich die Gruppe von insgesamt 14 Leuten zu einer homogenen Einheit rund um den Tisch mit den Instrumenten, und sie hatten keine Hemmungen, auch noch so einfache oder komplexe Fragen zu stellen: Stellwände ja oder nein, oder ob ein Trio besser gleichzeitig oder per Overdubs aufgenommen wird − Vor- und Nachteile aller Varianten wurden hier aus Sicht der Musiker und des Tontechnikers ausführlich beleuchtet. Auch grundsätzliche Probleme blieben nicht verborgen, wie etwa die Tatsache, dass der Bläser sich selbst aufgrund des Drucks im Körper beim Spielen und des Abstrahlverhalten des Instruments immer ganz anders hört als der Außenstehende. Aus diesem Grund übt Axel nicht selten in der Dusche, weil durch die engen und glatten Wände der Schall direkt reflektiert wird.

Insgesamt lebt der »Theorie«-Teil von den Praxiserfahrungen, die sowohl die Musiker als auch Stephan als Techniker verständlich und unkompliziert rüberbringen. Fast schneller, als wir gucken konnten, war es 13 Uhr − Mittagessen steht an. Prak tischerweise mussten wir uns dazu nur ein Stockwerk nach oben begeben. Im Restaurant »Die Küche« saßen alle auf absolut gleicher Augenhöhe beieinander, und besonders Alex (sax), Christoph (tp) und Johannes (tb) erzählten von der »Sing meinen Song«-Produktion, deren dritte Staffel am Abend zuvor erst angelaufen war.


Infos zum Drum Recording Workshop und auch die Anmeldung gibt’s hier:

musik-media-shop.de/drum-recording-workshop

Drum_Recording_Web


WIE BEI EINER WEINPROBE

Doch nun war’s Zeit, den technischen Unterschieden im Studio auf den Zahn zu fühlen. Schließlich hat man nicht alle Tage die Möglichkeit, ein SM57 für 150 Euro neben einem AKG Großmembranmikro für 1.000 Euro und einem 2.000 Euro teuern Royer Bändchenmikrofon direkt zu vergleichen − und genau deshalb waren wir hier!

Zunächst machte uns Stephan mit verschiedenen Positionen, Winkeln und Abständen zwischen dem Blech und der Membran vertraut, erklärte auch hier Vor- und Nachteile und schulte unser Gehör selbst für die feinen Unterschiede. Um dem Hinhören beim direkten Vergleich noch einen besonderen Reiz zu verleihen, wurden die Kandidaten »blind verkostet«. Drei Aufnahmen − für je des Mikro eine − wurden gemacht und nacheinander angespielt. Einige Teilnehmer konnten sich zunächst ein aufgeschmissenes Grinsen nicht ganz verkneifen, als sie die Phrasen hören − klangen sie doch alle überraschend ähnlich. Und dennoch gab es bei genauem Hinhören entscheidende Unterschiede. Fülle und Auflösung sind unterschiedlich, manchmal werden die Höhen, dann die Mitten oder die Bässe satter wiedergegeben. Einige klingen auf den ersten Blick − besser gesagt »Hörer« − für eine Trompete vielleicht gar nicht passend, würden allerdings für eine Funk-Nummer die entscheidende Nuance Dreck mitbringen.

Und so ist es oft nicht die Frage, welches Mikrofon besser klingt, sondern welches passender ist für das Instrument und den Stil. Und dennoch wirken vor allem die edlen und empfindlichen Royer Bändchenmikrofone aufgrund ihrer feinen Auflösung auf alle Beteiligten wie ein guter Wein auf den Sommelier. Sie machen nie eine schlechte Figur, wirken immer präsent und rund.

Aber was den Tag eigentlich belebte, war nicht nur das Interesse unserer Gäste, sondern auch dass die Musiker selbst diese Unterschiede nicht einmal beim Einspielen der über 150 Files für die Brass-Recording-Ausgabe im Februar festgestellt hatten. Was damals Akkordarbeit war, konnten sie nun genau analysieren, und so überlegte nun Christoph, sich ein TLM 170 von Neumann zuzulegen, während Axel der etwas ungewöhnliche, aber besondere Charakter des Gefell M930 zusagte. Kaufen würde er es sich dennoch nicht, da in Studios immer genügend Mikros zur Auswahl stehen, jedoch kann er nun besser seine Wünsche und Vorstellungen äußern.

Überrascht hatte die Teilnehmer vor allem das SM57, das bei allen Instrumenten unter den Top 3 lag. Eindrucksvoll neben all dem technischen und akustischen Know-how war gerade für die jungen Teilnehmer auch der recht entspannte und lockere Umgang zwischen Techniker und Musikern unter Studiobedingungen − ein Aspekt, den wir im Vorfeld auch fokussiert hatten, deshalb freut uns sehr, dass unsere Erwartungen hier sogar übertroffen wurden. Und weil alles rund lief, freuen wir uns schon sehr auf den nächsten Workshop. Im Herbst geht’s dann um die Abnahme von Drums.

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