It don't mean a thing, if it ain't got that Swing!

ProjectSAM Swing! − Sound-Library

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“Swing?!”, höre ich mich denken, als ich zum ersten Mal ProjectSAMs Produktankündigung las. Und weiter: “Hoffentlich ist das nicht komplett am Bedarf und Interesse der Zielgruppe vorbeiproduziert.” Aber die letzten Produkte noch in guter Erinnerung und an das Gute in der Welt glaubend, nahm ich mich vorbehaltlos der Library an und stellte fest:

Ja, wer hätte das gedacht: ProjectSAM swingt. Im Nachhinein betrachtet ist es aber doch nicht ganz so abwegig, eine solche Library im Portfolio der ansonsten eher auf Orchester-Libraries spezialisierten Klangschmiede aus den Niederlanden zu finden. Schon Animator (Test in SOUND & RECORDING 06.2014) war, rein von der Soundästhetik her betrachtet, eher ein Paradiesvogel im Sortiment, bei dem genretypische Sounds im Stil von »Tom&Jerry« & Co zur Vertonung von Animationsfilmen herhielten.054001

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Daher liegt ein weiterer Ausflug in eine neue Stilrichtung näher, als man denkt, vor allem wenn es sich um eine sehr charmante, charakterstarke wie bei Swing! handelt, die zudem einen organischen Sound hat und sich hervorragend zur Komposition und Produktion von Filmmusik in den entsprechenden Genres einsetzen lässt − und schon sind wir also doch wieder bei ProjectSAMs Kernkompetenz gelandet.

Das wirklich Überraschende an Swing! allerdings ist, dass die Library ein größeres Spektrum abdeckt, als man auf den ersten Blick vermuten möchte, und auch für Freunde jenseits der gepflegten Swing-, Jazz- und Bigbandmusik durchaus ein paar Leckerbissen dabei sind.

Putting The Band back Together

Ein Stöbern in den Kontakt-Instruments bringt nämlich einige Kandidaten ans Licht, mit denen nicht auf Anhieb zu rechnen war. Denn neben den üblichen Verdächtigen wie Trompeten, Posaunen und Saxofonen in diversen Ensemble- oder Solovarianten samt Artikulationen, gestopft oder auch nicht, sowie akustischen oder elektrischen Bässen nebst Schlagzeug findet sich z. B. eine feine Auswahl sehr schöner Saiteninstrumente wie Ukulele, Nylon- und Manouche(Gypsy)-Gitarre sowie Lap-Steel- und sogar Pedal-Steel- Gitarre. Auch verschiedene Akkordeons sind am Start, ein herrlich organisches SpielzeugPiano, eine Mundharmonika oder ein Ensemble, das mit den Fingern schnippst, bzw. eins, das die Lippen spitzt und pfeift. So weit, so herrlich.

Als sehr praktisches und überaus hilf – reiches Feature liegen einige Instruments direkt als Akkord-Variante vor, bei der verschiedene Akkordtypen auf jeweils unterschiedliche Oktaven gemappt sind.

Let’s swing!

Die Arbeit mit der Library macht ungeheuren Spaß und geht erstaunlich schnell von der Hand. Selbstverständlich ist Letzteres von der Komplexität der Komposition und des Arrangements abhängig, aber gerade die kleineren Besetzungen versprühen einen unglaublichen Charme und überzeugen durch ihren wirklich tollen und charismatischen Sound.

Was mir ebenfalls gefällt: Es lässt sich unkompliziert damit arbeiten, sodass Arrangements schnell glaubwürdig klingen. Das kommt daher, dass sich die meisten Instrumente durch die Bank sehr schnell und aussagekräftig (ein)spielen lassen, weil die nötigsten Artikulationen meist per unterschiedlicher Velocity und zusätzlich in Kombination mit dem Modulationsrad oder auch als Key-Split zur Verfügung stehen. Außerdem gibt es viele Patches mit typischen Growls und Glissandi, und außerdem wird häufig Gebrauch von Speed-Control gemacht, um z. B. Staccato- oder Glissando-Längen perfekt an das eigene Tempo anpassen zu können.054002

Meiner Meinung nach sind eben diese kleineren Besetzungen auch die Stärke von Swing. Was nicht heißen soll, dass die Ensemble- und Bigband-Instruments nicht überzeugen, aber da es mit einer Sample- Library eben extrem schwierig ist, diesen dynamischen, lebendigen und sehr facettenreichen Bigband-Sound authentisch zu imitieren und gleichzeitig größtmögliche Flexibilität zu gewährleisten, haben es hier kleinere Besetzungen einfach leichter.

Swing! erhebt leider keinen Anspruch auf Vollständigkeit, und so liegen nicht alle verfügbaren Solo-Instrumente als Ensemblevor. Z. B. habe ich ein Posaunen-Ensemble vermisst, auch hätte ich mir noch jeweils Legato-Versionen für das Sax- und das BrassEnsemble gewünscht. Aber für die meisten Anwendungen reichen die vorhandenen Sounds vollkommen aus.

Der Grundsound der Library hat durchaus eine gewisse Patina, die allerdings sehr geschmackvoll ist und perfekt zur anvisierten Stilrichtung passt. Gleichzeitig klingen die Instrumente eher »handgemacht« und sind nicht so klinisch und sauber wie bei manch anderen Libraries, was eigentlich fast allen Musikstilen sehr zugutekommt. Deshalb kann ich mir den Einsatz von Swing! in anderen Musikstilen wie Pop oder Elektronik auch sehr gut vorstellen, bei dem die Instrumente eine sehr schöne Färbung und Lebendigkeit mit einbringen und digitale Kälte vertreiben können.

Praxis

Im praktischen Einsatz der Library sind allerdings auch einige Kritikpunkte aufgefallen. So ist der Tonumfang einiger Instruments teilweise recht knapp bemessen. Das fällt natürlich gerade bei Solo-Instrumenten stärker ins Gewicht, wenn öfter die Linienführung von Melodien eingeschränkt wird, wo man doch gerne noch die eine oder andere Taste mehr zur Verfügung hätte.

Bei einigen Instruments kann man per Modulationsrad zwischen kurzen und langen Noten umschalten, aber dort, wo das Wheel anderweitig belegt ist, findet oftmals die Aufteilung mittles separater Instruments statt. Dies ist aber nicht unbedingt immer von Vorteil, denn es kommt in der Praxis oft genug vor, dass beide Spielweisen im schnellen Zugriff erforderlich sind.

Durch diese Aufteilung muss in solchen Fällen oftmals programmiert werden, weil die beiden Spielweisen ja zwangsläufig über zwei unterschiedliche MIDI-Kanäle angesteuert werden müssen und somit nicht in einem Rutsch und mit einfachen Wechseln eingespielt werden können.

Auch wenn jeweils eine Spielweise fast die ganze Klaviatur belegt, hätte man für einen unkomplizierten Wechsel einfach Key-Switches definieren können, womit sich die jeweilige Spielweise dann beim Einspielen für die komplette Klaviatur umschalten lässt. Durch diese Aufteilung ist auch die Live-Tauglichkeit noch ein wenig mehr eingeschränkt, als sie es ohnehin schon durch die im Studio zwar absolut sinnvolle, aber live sehr fummelige, teilweise vierfache Tastenbelegung der per Velocity wählbaren Artikulationen ist.

Klangbeispiel: 

Fazit

Wie von ProjectSAM mittlerweile fast schon gewohnt, weiß auch Swing! zu überzeugen und geht diesmal sogar teilweise über die Erwartungen hinaus, wenn eher unorthodoxere Instrumente, als der Titel der Library vermuten lässt, mit im Paket sind oder auch stiltypische Akkorde rhythmisch gespielt werden können. Dabei versprüht Swing! eine große Portion gute Laune und Lebendigkeit, gepaart mit einem fantastischen Sound und der Möglichkeit, im Studio äußerst effektiv damit zu arbeiten.

In Relation zum Gebotenen haben die genannten Kritikpunkte erfreulich wenig Gewicht, und man hat eindeutig eine wirklich gute Library unter den Fingern, die einen ganz besonderen und sehr eigenen Charme hat. Nicht nur für Komponisten in der Film-, Games- und Werbebranche ein heißer Tipp.

+++ charakterstarker Sound

+++ Lebendigkeit

++ stiltypische Akkorde

– Aufteilung vieler Instrumente in »Long« und »Short«

– wenige Legato-Versionen


 

Swing!

Hersteller/Vertrieb

ProjectSAM

UvP

299,— Euro

www.projectsam.com

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