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Klonkrieger: Acidlab Miami Rhythmusmaschine

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Sie gilt als die beste TR-808, die nicht von Roland ist: die Acidlab Miami Rhythmusmaschine. Da die Preise für das Original nur eine Richtung kennen (nach oben), sind alle, die ohne den analogen Drumcomputer-Klassiker nicht leben können — und das sind nicht wenige —, froh, dass sie auf den Klon der Hardwareschmiede Acidlab zurückgreifen können.

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(Bild: Dieter Stork)

Die in Rosenheim angesiedelte Firma Acidlab hat eine Menge Erfahrung, wenn es um die Schaltkreise von Roland-Legenden geht. Vor Jahren begann alles mit dem Klon der Acidmaschine TB-303, deren Preise in den 90erJahren explodierten. Techno- und Acid- Produzenten begrüßten begeistert die kostengünstige Alternative zum Roland-Original, und das Gerät, das mittlerweile in der dritten Generation auf dem Markt ist, konnte sich in den 303-Klonkriegen gegen eine große Zahl anderer Bassline-Kopien behaupten.

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Vor ca. sieben Jahren entwickelte man bei Acidlab einen TR-808-Nachbau, dessen Namensgebung von der legendären Miami-BassSzene der Mittachtziger- bis Mittneunzigerjahre inspiriert wurde und deren mit expliziten Rap-Lyrics gespickter Electrofunk von der ultratiefen (und mit langer Hüllkurve versehenen) Bassdrum der TR-808 angetrieben wurde. Bekannte Acts der in Florida beheimateten Szene sind etwa 2 Life Crew, Freak Nasty, 95 South oder Quad City DJ’s. Der Miami-Bass-Sound beeinflusste viele ElectroProduktionen und war stilbildend für Musikrichtungen wie etwa Detroit Ghettotech. Acidlabs Miami kostet aktuell 880,− Euro (www.acidlab.de), was angesichts der Preise für das Original immer noch günstig ist.

Äusseres

Klasse sieht er aus, der 808-Klonkrieger: Acidlab hat es geschafft, seinen Geräten eine gelungene, etwas laborhafte Ästhetik zu verpassen, die auch der Miami gut steht. Ihr Gehäuse ist kleiner, eckiger und flacher als das des Originals und dank des externen Netzteils auch deutlich leichter.

Wie beim Original gibt es 16 DrumSounds, die sich auf elf mit Gain-Reglern ausgestatteten Kanäle verteilen und die gleichen Parameter wie das Original bieten: Tone und Decay der Bassdrum, Snare-Rauschanteil bzw. Snappy, Tom-Tune, Tone und Decay der Cymbal und das Decay der offenen Hi-Hat. Eine regelbare Akzentfunktion ist natürlich auch vorhanden. Die Instrumente werden nicht wie bei der TR-808 mit einem Drehschalter angewählt, sondern mit der ShiftTaste und einem der Lauflicht-Taster.

Die Verarbeitungsqualität ist gut, jedoch können nach einigen Jahren die relativ kleinen, aber gut bedienbaren Taster wegen Verschmutzung auch mal etwas schwergängiger werden.

MIDI & more

Der Acidlab-Bolide wurde mit MIDI und DIN-Sync ausgestattet, und die Sounds lassen sich über elf Einzelausgänge weiterer Klangbearbeitung zuführen. Das Gerät kann als MIDI-Modul eingesetzt oder über MIDI-Clock synchronisiert werden. Etwas bedauerlich ist nur das Fehlen eines MIDI-Ausgangs.

Sequenzer

Der Sequenzer der Acidlab Miami bietet 12 x 16 Patterns, die mit Lauflichtprogrammierung (ein Feature, das durch das Vorbild populär wurde) oder in Realtime erstellt werden können.

Der Miami-Sequenzer bietet aber mehr als der des Originals, denn er verfügt über eine Shuffle-Funktion, die viele bei der TR- 808 schmerzlich vermissen. Der Swing-Faktor lässt sich ungewöhnlich flexibel einstellen, denn es gibt zwei Shuffle-Arten, die sich in fünf Stufen einstellen und sogar kombinieren lassen: Die eine entspricht dem Swing-Groove der TR-909 (den Produzenten wie etwa Christian Vogel gerne benutzten); hier werden die geradzahligen Steps beeinflusst. Die andere dagegen wirkt sich auf die ungeraden Steps (1, 3, 5 etc.) aus und kam bei der Roland CR- 8000 zum Einsatz.

Im Vergleich zum Original macht der gut groovende Sequenzer der Miami einen etwas straighteren Eindruck und weist wenige der legendären (Minimal-)Schwankungen des Originals auf.

Sound

Die Acidlab-Techniker haben beim Design der analogen Klangerzeugung einen exzellenten Job gemacht. Die Miami kommt dem Vorbild klanglich sehr nah und ist zweifellos momentan die exakteste 808-Kopie auf dem Markt. Die Schaltkreise des Originals wurden, soweit die Bauteile noch verfügbar sind, liebevoll nachgebaut. Insbesondere die wichtige Bassdrum klingt wie das Original und bietet den gleichen Druck – der Decay-Parameter ermöglicht sogar etwas längere Bassdrums als die TR-808. Die Snare der Miami wirkt etwas »kleiner« und bei höherem Snappy-Wert etwas schärfer als die des Originals. Dazu muss man aber sagen, dass alle TR-808 abhängig von Bauteiltoleranzen einen etwas anderen Klang haben. Übrigens klingt auch nicht jede Miami genau gleich.

Die Hi-Hats und das Cymbal der AcidlabMaschine sind ebenfalls sehr gelungen und ähneln, wie auch die Toms, Bongos und der Rimshot, dem Vorbild. Die Maracas haben einen anderen, etwas spitzeren Klangcharakter, und der Clap zeichnet sich durch ein kürzeres Decay und einen etwas weicheren Sound als der Original-Clap unseres TR-808- Vergleichsgerätes aus.

Bei höheren Gain-Pegeln kann es bei der Miami übrigens zu leichten Übersprechungen zwischen den einzelnen Kanälen kommen.

Das Gerät wurde uns freundlicherweise von Andy Vaz zur Verfügung gestellt.

 

Nicht wegzudenken aus der elektronischen Musik ist bis heute der Klang der TR-808. Hardware-Freaks schätzen nicht nur den Sound, sondern auch den Sequenzer der Maschine und bezahlen mittlerweile mehr als 2.800,− Euro für ein gut erhaltenes Original. Neben der Miami gibt es auch noch einige andere interessante Alternativen, wie etwa die Jomox 888, die MFB Tanzbär oder (am preiswertesten) Rolands TR-8 aus der Aira-Serie, die allerdings mit einer digitalen Klangerzeugung ausgestattet ist.


 

Andy Vaz

Andy Vaz gehört seit Jahren zu den arriviertesten und geschmackssichersten Techno- und House-Produzenten unseres Landes. Der in Köln ansässige Düsseldorfer ist weltweit als Liveact und DJ unterwegs, kann auf zahlreiche Veröffentlichungen zurückblicken und betreibt u. a. Labels wie Yore, Background und Deep Night. Er setzt bei seinen Produktionen gerne auch Rhythmusmaschinen wie die Acidlab Miami ein. Wir haben ihm ein paar Fragen gestellt.

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(Bild: Dieter Stork)

Wie produzierst du deine Tracks? Setzt du gerne Hardware ein?

Ich benutze meine analogen Geräte (303, 505, 606, 808, 909) und das andere externe Equipment und recorde alles in Ableton Live. In der Regel nehme ich 30- Minuten-Live-Jams auf und editiere dann die besten Teile in Ableton Live. Hardware ist also King. Ich mag das Step-Sequenzer-Programming sowie die untighte Verschiebung der Spuren durch die Geräte und den daher rührenden Rumpel-Groove. Echte Drumcomputer sind einfach unerreicht groovig. Wichtig ist mir zudem das mausfreie Hands-Up-Feeling.

Was schätzt du an der Acidlab Miami?

Bei der Miami mag ich vor allem den guten analogen Klang. Die Instrumente klingen warm und schön, die Shuffle-Funktion swingt toll, und die Soundqualität ist wirklich überzeugend. Auch die Lauflichtprogrammierung ist klasse.


Siehe auch:

Arturia SparkLE Hybrid-Drumcomputer im Test

Free Downloads für NI Maschine

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